Fragenkatalog Internes Audit: Ihr ISO 9001 Praxis-Leitfaden
Das Thema „Internes Audit“ kann schnell Stress verursachen. Doch ein gut durchdachter Fragenkatalog ist weit mehr als nur ein Kontrollinstrument. Er ist ein strategischer Leitfaden, um echte Verbesserungspotenziale in Ihrem Unternehmen zu heben. Ein präziser Fragenkatalog für Ihr internes Audit bietet nicht nur Struktur, sondern ermöglicht es Ihnen auch, das Gespräch flexibel und zielführend zu gestalten. In diesem Leitfaden begleiten wir Sie bei der Erstellung eines solchen Katalogs, der Sie und Ihr Team spürbar entlastet und Ihr Qualitätsmanagementsystem systematisch voranbringt.
Inhaltsverzeichnis
Die Methodik: Wie gute Auditfragen entstehen
Ein effektiver Fragenkatalog für ein internes Audit sollte niemals eine bloße Nacherzählung des Normtextes sein. Vielmehr muss er prozessorientiert angelegt sein, um tiefergehende Einblicke in die Abläufe Ihres Unternehmens zu ermöglichen. Um einen praxistauglichen Fragenkatalog für interne QM-Audits zu erstellen, setzen wir in unserer Beratungspraxis auf bewährte Methoden, die den Fokus auf die tatsächliche Wertschöpfung legen.
Als Best Practice hat sich hier die Turtle-Methode, auch Schildkrötenmodell genannt, etabliert. Dieser Ansatz ermöglicht es, Prozesse strukturiert und umfassend zu betrachten. Die Methodik ist in der Fachwelt anerkannt, wie beispielsweise in Veröffentlichungen des TÜV Media (Der Auditfragenkatalog zur ISO 9001 – Leseprobe) beschrieben wird.
Die Elemente des Schildkrötenmodells helfen Ihnen dabei, alle wichtigen Aspekte eines Prozesses systematisch zu hinterfragen:
- Input: Was wird für den Prozess als Eingabe benötigt (z. B. Material, Information, Auftrag)?
- Output: Was ist das konkrete Ergebnis des Prozesses (z. B. Produkt, Dienstleistung, Protokoll)?
- Ressourcen (Womit?): Welche Werkzeuge, Maschinen, Software oder Anlagen werden verwendet?
- Akteure (Wer?): Wer ist für die Durchführung verantwortlich und welche Kompetenzen sind erforderlich?
- Methoden (Wie?): Nach welchen Verfahren, Arbeitsanweisungen oder Standards wird vorgegangen?
- Messgrößen (Womit messen?): Anhand welcher Kennzahlen wird die Leistung und Qualität des Prozesses überwacht?
Diese Herangehensweise hilft, einen Fragenkatalog für Ihr QM-Audit zu generieren, der weit über ein simples „Haben Sie das dokumentiert?“ hinausgeht. Stattdessen ermitteln Sie, ob Prozesse nicht nur existieren, sondern auch verstanden, wirksam und effizient sind.
Praxis-Tipp: Nutzen Sie das Turtle-Modell bereits in der Vorbereitungsphase. Sie kann helfen, potenzielle Lücken im Prozessverständnis zu identifizieren und Ihre Auditgespräche von Beginn an zielgerichteter zu führen.
Gesprächsführung und Psychologie: Wie Sie fragen, entscheidet
Ein sorgfältig erstellter Fragenkatalog für interne Audits ist die notwendige Grundlage, doch sein wahrer Wert entfaltet sich erst in der Gesprächsführung. Wie Sie Ihre Fragen formulieren und auf Ihr Gegenüber eingehen, entscheidet darüber, ob Sie lediglich eine Checkliste abarbeiten oder eine konstruktive Analyse durchführen. Ziel ist es, ein offenes Gespräch zu fördern und eine Verhörsituation konsequent zu vermeiden. Nur so gewinnen Sie wertvolle Einblicke, die über das Offensichtliche hinausgehen.
Die Macht der offenen Fragen
Um tiefere Informationen zu erhalten, sind offene Fragen (W-Fragen) unerlässlich. Fragen, die mit „Wer“, „Wie“, „Wodurch“ oder „Womit“ beginnen, regen Ihre Gesprächspartner dazu an, Prozesse und Zusammenhänge zu beschreiben, statt nur mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten. Geschlossene Fragen eignen sich zwar, um einen spezifischen Punkt zu bestätigen, sollten aber nur gezielt eingesetzt werden. Fachorganisationen wie die DGQ betonen in Beiträgen wie „Die besten Fragen im Audit“ die Bedeutung offener Fragen, um einen sogenannten „Fragentrichter“ aufzubauen, der von allgemeinen zu spezifischen Themen führt.
Praxis-Tipp: In unserer Beratungspraxis raten wir dringend davon ab, die „Warum“-Frage zu häufig zu stellen. Sie löst bei vielen Menschen unbewusst einen Rechtfertigungsdruck aus. Formulieren Sie stattdessen lösungsorientiert:
- Statt: „Warum wurde der Prozess nicht eingehalten?“
- Besser: „Welche Ursachen führten dazu, dass hier vom Standardprozess abgewichen wurde?“
- Oder: „Was war der Auslöser für diese Vorgehensweise?“
Diese Wortwahl lädt zu einer konstruktiven Erklärung ein und vermeidet eine defensive Haltung.
Aktives Zuhören als Schlüssel zum Erfolg
Als interner Auditor ist es Ihre Aufgabe, mehr zuzuhören als zu reden. Das Prinzip des aktiven Zuhörens ist hierfür das entscheidende Werkzeug, dessen Wirksamkeit auch wissenschaftlich fundiert ist (siehe Active Listening – StatPearls). Es bedeutet, nicht nur die gesprochenen Worte aufzunehmen, sondern auch die dahinterliegenden Botschaften und nonverbalen Signale zu erfassen. Durch gezieltes Nachfragen („Wenn ich Sie richtig verstanden habe, bedeutet das, dass …?“) signalisieren Sie echtes Interesse und stellen sicher, dass keine Missverständnisse entstehen. Dies schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der Ihre Gesprächspartner bereit sind, auch kritische Informationen offen zu teilen.
Struktur nach ISO 9001: Checkliste & Fragenkatalog
Für ein strukturiertes und nachvollziehbares Vorgehen hat es sich in unserer Praxis bewährt, den Fragenkatalog entlang der Kapitelstruktur der ISO 9001 aufzubauen. Die sogenannte High-Level-Structure (HLS) gibt einen klaren roten Faden vor. Dieser Abschnitt bietet Ihnen einen Auszug aus unserem kostenlosen Fragenkatalog für interne ISO 9001 Audits als Gerüst für Ihr nächstes Auditgespräch.
Kapitel 4 & 5: Kontext der Organisation und Führung
In diesen Kapiteln stehen die strategische Ausrichtung und die Verpflichtung der obersten Leitung im Fokus. Sie bilden das Fundament des gesamten Qualitätsmanagementsystems (QMS).
Typische Fragen für die Führungsebene sind:
- Woran erkennen Sie, dass die Qualitätspolitik den Mitarbeitenden bekannt ist und im Alltag gelebt wird?
- Wie werden die für Ihr Unternehmen relevanten internen und externen Themen kontinuierlich überwacht und bewertet?
- Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Anforderungen der wichtigsten interessierten Parteien zu berücksichtigen?
- Wie stellt die Führung sicher, dass Verantwortlichkeiten und Befugnisse für qualitätsrelevante Rollen klar festgelegt und kommuniziert sind?
Kapitel 6 & 7: Planung und Unterstützung
Dieser Abschnitt widmet sich der Planung von Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen sowie der Bereitstellung aller notwendigen Ressourcen. Hierzu zählen Personal, Infrastruktur, Wissen und Kompetenzen.
Stellen Sie unter anderem folgende Fragen:
- Wie stellt Ihre Organisation sicher, dass Risiken und Chancen im QMS systematisch identifiziert und bewertet werden?
- Welche konkreten Maßnahmen wurden aus der letzten Risikoanalyse abgeleitet und wie prüfen Sie deren Wirksamkeit?
- Wie ermitteln Sie, welche Kompetenzen für die Durchführung qualitätsrelevanter Tätigkeiten erforderlich sind?
- Wie wird die Wirksamkeit von durchgeführten Schulungsmaßnahmen bewertet?
- Wie stellt die Organisation die Verfügbarkeit und Eignung der benötigten Infrastruktur und Arbeitsumgebung sicher?
Kapitel 8, 9 & 10: Betrieb, Bewertung und Verbesserung
Dies ist der operative Kern des Qualitätsmanagements. Hier geht es um die tägliche Umsetzung Ihrer Prozesse, die Messung der Leistung sowie die kontinuierliche Verbesserung.
Mögliche Auditfragen für den operativen Bereich:
- Wie stellen Sie sicher, dass die Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen vollständig erfasst und vor der Umsetzung geprüft werden?
- Wie wird die Kommunikation mit externen Anbietern geregelt und deren Leistung systematisch bewertet?
- Wie stellen Sie sicher, dass fehlerhafte Produkte oder Dienstleistungen gelenkt werden, um eine unbeabsichtigte Verwendung zu verhindern?
- Anhand welcher Kennzahlen bewerten Sie die Leistung Ihrer Prozesse und die Wirksamkeit Ihres QMS?
- Wie werden Nichtkonformitäten behandelt und welche Maßnahmen werden ergriffen, um deren Wiederauftreten zu verhindern?
- Wie wird die kontinuierliche Verbesserung im Unternehmen aktiv gefördert und umgesetzt?
Praxis-Tipp: Gerade im operativen Bereich ist die Nachweisführung entscheidend. In unserer Praxis sehen wir, dass hier die größten Potenziale liegen. Fragen Sie daher nicht nur nach dem beschriebenen Prozess. Lassen Sie sich immer auch die Belege für dessen konsequente Einhaltung und Wirksamkeit zeigen, zum Beispiel durch Aufzeichnungen, Protokolle oder Systemdaten.
Fazit: Der Fragenkatalog als lebendes Werkzeug
Ein Fragenkatalog für ein internes Audit ist ein unverzichtbares Hilfsmittel. Er bietet Ihnen Orientierung und einen roten Faden, um alle relevanten Aspekte der ISO 9001 strukturiert zu beleuchten. Seine wahre Stärke entfaltet er jedoch erst, wenn er nicht als starres Skript, sondern als dynamischer Leitfaden eingesetzt wird. In unserer Beratungspraxis erleben wir immer wieder, dass ein zu rigides Festhalten an einer Checkliste das Auditgespräch lähmt und wertvolle Erkenntnisse verhindert.
Betrachten Sie ihren Fragenkatalog für interne Audits daher als ein lebendes Dokument. Er ist eine fundierte Grundlage, die Sie anpassen, ergänzen und weiterentwickeln sollten. Bleiben Sie neugierig und offen für die Antworten, die Sie nicht erwartet haben.
Falls Sie eine persönliche Begleitung wünschen, um das volle Potenzial Ihrer Audits auszuschöpfen, vereinbaren Sie gern ein unverbindliches Gespräch mit unseren Experten.
„Seit 1996 berate ich verschiedenste Kunden – von KMU bis zu Großkonzernen. Meine Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich der Informationssicherheit und der Managementsysteme. Neben den Projekteinsätzen in unterschiedlichen Branchen bin ich als Dozent für verschiedene Bildungsträger tätig. Meine Devise ist einfache, praktikable und wirtschaftliche Lösungen für unsere Kund*innen zu finden.“